Verjährung arbeitsrechtlicher Ansprüche

Verjährung arbeitsrechtlicher Ansprüche

Es reicht nicht aus, einen Anspruch zu haben – man muss ihn auch durchsetzen! Manchmal muss man sich dabei auch mit einer vom Schuldner zu Unrecht behaupteten Verjährung „herumschlagen“.

Verjährung

Verjährung bedeutet, dass ein Anspruch wegen Ablauf einer bestimmten Frist nicht mehr gerichtlich durchgesetzt werden kann. Für Entgeltforderungen aus einem Arbeitsverhältnis gilt in der Regel eine Verjährungsfrist von drei Jahren. Davon zu unterscheiden sind die sogenannten „Verfallsfristen“, bei deren Ablauf nicht nur die Klagbarkeit, sondern der Anspruch selbst „untergeht“. Diese finden sich vorwiegend in Kollektiv- und Arbeitsverträgen (zumeist zwischen drei und sechs Monaten).

Verjährungsverzicht

Auf die Verjährung kann im Voraus nicht wirksam verzichtet werden. Verzichtet der Schuldner dennoch auf den Einwand der Verjährung und wendet er einer späteren Klage des Gläubigers Verjährung ein, handelt er rechtsmissbräuchlich. Das Gericht wird in so einem Fall den sittenwidrigen Verjährungseinwand nicht beachten.

Vergleichsverhandlungen

Eine „Unterbrechung“ der Verjährungsfrist tritt durch Klagseinbringung ein. Steht einer Klagsführung vorübergehend ein Hindernis entgegen, spricht man von einer „Hemmung“ der Verjährung. Das wird beispielsweise für die Dauer von Vergleichsverhandlungen angenommen. Nach dem Scheitern derartiger Vergleichsverhandlungen muss der Gläubiger in angemessener Frist Klage einbringen, um nicht eine Verjährung seiner Ansprüche zu riskieren.

Feststellungsverfahren des Betriebsrates

Gemäß § 54 Abs 1 Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz (ASGG) hat der Betriebsrat ein Klagerecht, um das Bestehen oder Nichtbestehen von Rechten oder Rechtsverhältnissen, die mindestens drei ArbeitnehmerInnen des Betriebes betreffen, festzustellen. Damit soll eine Vielzahl von parallelen Verfahren der einzelnen ArbeitnehmerInnen verhindert werden.

Ein solches Feststellungsverfahren bewirkt gemäß § 54 Abs. 5 ASGG eine Hemmung aller Fristen zur Geltendmachung des Anspruchs der Berechtigten bis maximal drei Monate nach Beendigung dieses Verfahrens. Von der Hemmungswirkung werden alle betroffenen und vom Betriebsrat vertretenen ArbeitnehmerInnen erfasst, deren Ansprüche auf denselben Sachverhalt gegründet sind.

Verfahren gegen Arbeitgeber

Diese Rechtsfragen waren auch Gegenstand von zahlreichen Verfahren, die wir gegen einen großen und in der Öffentlichkeit sehr bekannten Arbeitgeber aus dem Nonprofit-Bereich geführt haben:

Konkret ging es darum, dass von Vertretern der Arbeitnehmer- sowie Arbeitgeberseite seit 2008 Verhandlungen über die korrekte Abrechnung von Überstunden geführt wurden. Der Arbeitgeber sicherte dabei insbesondere zu, alle Überstunden, die seit 01.03.2005 angefallen sind, nach dem Ergebnis von einzelnen „Musterverfahren“ korrekt nach zu verrechnen und auszubezahlen. Anfang Dezember 2014 scheiterten diese Verhandlungen. Der Arbeitgeber behauptete plötzlich, alle Ansprüche, die mehr als drei Jahre zurückliegen, seien verjährt.

Einige der mittlerweile ausgeschiedenen ArbeitnehmerInnen klagten den Arbeitgeber auf Zahlung ihrer Ansprüche seit dem 01.03.2005 und bekamen vom Gericht Recht. Festgehalten wurde in diesen Entscheidungen, dass der Verjährungseinwand des Arbeitgebers angesichts seines früheren Verhaltens wider Treu und Glauben erfolgt ist (OGH 8 ObA 71/16y; 9 ObA 65/17z). Auch der zuständige Betriebsrat klagte in Folge für die noch beschäftigten ArbeitnehmerInnen auf Feststellung dieser Ansprüche.

Im Anschluss daran wurden im Jänner 2017 für mehr als 50 noch beim Arbeitgeber beschäftigte ArbeitnehmerInnen Klagen eingebracht, um die Nachbezahlung der besagten Überstunden zu erwirken. Der Arbeitgeber wandte abermals Verjährung ein und meinte, das Feststellungsverfahren des Betriebsrates hätte im konkreten Fall keine Hemmung der von den ArbeitnehmerInnen einzuhaltenden Fristen bewirkt. In mittlerweile drei vorliegenden Entscheidungen hat der OGH diesem Argument im Hinblick auf die „Vorgeschichte“ und die klare Bestimmung des § 54 Abs. 5 ASGG eine Absage erteilt. Die von den ArbeitnehmerInnen jeweils eingeklagten Forderungen wurden daher zur Gänze zugesprochen (OGH 9 ObA 61/18p; OGH 9 ObA 48/18a; OGH 9 ObA 60/18s).

Der hier beklagte Arbeitgeber hat sich damit nicht nur einem juristischen „Watschentanz“ ausgesetzt, sondern auch ein Verhalten gesetzt, welches einer derart angesehenen Organisation, die sehr viel Gutes tut, nicht würdig ist!

Fotos: https://freestocks.org/