Betriebliche Übung

Betriebliche Übung

Rechte und Pflichten von Arbeitgebern und ihren Arbeitnehmern sind in Gesetzen, Kollektivverträgen, Betriebsvereinbarungen und den einzelnen Arbeitsverträgen geregelt. Durch eine sogenannte "betriebliche Übung" kann auch ohne ausdrückliche Vereinbarung ein  Anspruch des Arbeitnehmers auf Gewährung bestimmter Leistungen entstehen.

Inhalt

Von einer "betrieblichen Übung" spricht man, wenn bestimmte Leistungen des Arbeitgebers ohne Verpflichtung wiederholt an mehrere oder alle Arbeitnehmer des Betriebes getätigt werden und somit generellen Charakter haben. Grundsätzlich kann alles, was Inhalt eines Arbeitsvertrages sein kann, Inhalt einer Betriebsübung sein (z.B. Prämien, Sonderzahlungen, zusätzliche Freizeitgewährung).

Voraussetzungen der Rechtsverbindlichkeit

Dem Arbeitnehmer kann ein Anspruch auf wiederholtes Erbringen der Leistung erwachsen, wenn er berechtigterweise davon ausgehen darf, dass der Arbeitgeber bereit ist, in Zukunft auch zu leisten. Die regelmäßige Leistungserbringung ohne Vorbehalt ist als ein stillschweigendes Angebot auf Arbeitsvertragsergänzung zu verstehen, welches der Arbeitnehmer wiederum schlüssig annimmt. Ab wann von einer regelmäßig wiederkehrenden Leistung auszugehen ist und dem Arbeitgeber somit ein Wille zur Änderung des Arbeitsvertrages unterstellt werden kann, ist von den jeweiligen Umständen abhängig.

Reichweite

Die Arbeitsverträge der Belegschaft sowie neu eintretender Arbeitnehmer werden um die betriebliche Übung schlüssig ergänzt. Der Arbeitgeber kann vor Vertragsabschluss ausdrücklich mitteilen, dass Neueintretende ab einem bestimmten Stichtag von diesen Mehrleistungen ausgeschlossen werden. Alle Arbeitnehmer, die nach diesem Stichtag aufgenommen werden, haben keinen Anspruch aus der Betriebsübung.

Beendigung

Die Beendigung einer Betriebsübung ist grundsätzlich für den Arbeitgeber nicht einseitig möglich, da sie Teil der einzelnen Arbeitsverträge geworden ist. Anders verhält es sich, wenn bei der Gewährung ein Vorbehalt des Widerrufs oder der Teilkündigung geäußert wurde. Abänderungen der Arbeitsverträge sind jedenfalls einvernehmlich mit den individuellen Arbeitnehmern möglich. Zulässig ist auch eine bedingte Kündigung des Arbeitsvertrages mit gleichzeitigem Angebot der Vertragsänderung, ohne den Inhalt der Betriebsübung ("Änderungskündigung"). Ähnliches gilt auch für Inhalte einer sogenannten "freien Betriebsvereinbarung" (Vereinbarung zwischen Betriebsinhaber und Betriebsrat über Inhalte, die nicht gesetzlich als solche einer "Betriebsvereinbarung" vorgesehen sind). Auch hier kommt es zu einer schlüssigen Ergänzung der Einzeldienstverträge, die grundsätzlich nur im Einvernehmen mit jedem einzelnen Arbeitnehmer wieder rückgängig gemacht werden kann. Wird in der "freien Betriebsvereinbarung" eine Kündigungsmöglichkeit derselben vereinbart, kann der Arbeitgeber (aber auch der Betriebsrat) diese Vereinbarung jedoch durch Kündigung beenden.