Diskriminierung durch Kirche und Parteien?

Diskriminierung durch Kirche und Parteien?

EuGH Entscheidung

Nach einer aktuellen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH C-414/16) ist es Kirchen nicht unbeschränkt möglich, BewerberInnen aufgrund der Konfessionslosigkeit abzulehnen.

Der konkrete Fall betraf eine Frau, die sich um eine Referentenstelle bei dem Evangelischen Werk für Diakonie in Deutschland bemühte. Sie wurde wegen ihrer Konfessionslosigkeit abgelehnt.

Das deutsche Bundesarbeitsgericht stellte ein Vorabentscheidungsverfahren an den EuGH, um die richtige Auslegung des Art 4 Abs 2 der Richtlinie 2000/78/EG („Gleichbehandlungsrahmen-Richtlinie“) zu erbitten. Diese Norm sieht für Organisationen mit religiösem oder weltanschaulichem Ethos in bestimmten Fällen die Rechtfertigung der Ungleichbehandlung aufgrund der Religion oder Weltanschauung vor.

Der EuGH entschied, dass die Anforderung der Einhaltung des Ethos mit der fraglichen Tätigkeit in direktem Zusammenhang zu stehen hat. Dies richtet sich nach Art der Tätigkeit oder nach den Umständen (z.B. Beschäftigung mit Beitrag zum Verkündigungsauftrag der Kirche verbunden). Die Überprüfung der Einhaltung dieser Ausnahmebestimmung obliegt den nationalen Gerichten.

Auswirkungen auf Österreich

Kirchen und Religionsgemeinschaften werden sich in Personalfragen einer gerichtlichen Kontrolle unterwerfen müssen, außer im Rahmen ihres anerkannten Selbstbestimmungsrechtes. In diesem Sinne darf selbstverständlich bei einem Priester oder einer Religionslehrerin weiterhin eine bestimmte Religionszugehörigkeit verlangt werden; anders wäre dies aber jedenfalls bei einer Reinigungs- oder Buchhaltungskraft. Da sowohl in der Gleichbehandlungsrichtlinie als auch im österreichischen Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) die „Weltanschauung“ ebenfalls geschützt ist, hat die Entscheidung des EuGHs Folgen über den religiösen Bereich hinaus.

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat in einem Urteil entschieden, dass der Begriff "Weltanschauung" Deutungsauffassungen in der Form persönlicher Überzeugungen von der Grundstruktur, Modalität und Funktion des Weltganzen umfasst. Ob darunter auch die politische Gesinnung fällt, wird unterschiedlich gesehen, ist jedoch nach den Gesetzesmaterialien für das GlBG wohl zu bejahen und wird vom OGH nicht ausgeschlossen.

Nach dem GlBG ist es politischen Parteien und Religionsgemeinschaften erlaubt bestimmte Tätigkeiten an ein Bekenntnis zum Ethos der Organisation zu knüpfen. Dies ist jedenfalls stellenabhängig zu beurteilen.

 (Das ist die gekürzte Form eines Artikels von mir, der am 08.05.2018 in der Tageszeitung „Der Standard“ erschienen ist.)

https://derstandard.at/2000079287683/Gesinnungstest-steht-auf-dem-Pruefstand