Rechtsberatung für Europäischen Betriebsrat

Rechtsberatung für Europäischen Betriebsrat

Derzeit wird auf europäischer Ebene an einer Stärkung der Rechte des "Europäischen Betriebsrates" (EBR) gearbeitet. Bei einer von mir erwirkten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) zur „Europäischen Betriebsverfassung“ ging es konkret um die Frage, unter welchen Umständen der Konzern die Geschäftsführungskosten (konkret: Kosten für Rechtsberatung) des EBR tragen muss. Hierbei handelt es sich diesbezüglich um die erste Entscheidung in Österreich.

Europäischer Betriebsrat

Um den Schutz der Interessen von ArbeitnehmerInnen in europaweit tätigen Unternehmen zu sichern, verabschiedete die Europäische Union die sogenannte „Europäische Betriebsräte-Richtlinie" (RL 2009/38/EG), welche in Österreich in den §§ 171 bis 207 Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) umgesetzt wurde.

Der Europäische Betriebsrat ist eine ArbeitnehmerInnenvertretung in grenzüberschreitend tätigen Unternehmen bzw Unternehmensgruppen. Das Ziel ist die Stärkung des Rechts auf Unterrichtung und Anhörung der ArbeitnehmerInnen.

Die im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Europäischen Betriebsrates anfallenden Kosten sind grundsätzlich von der "zentralen Leitung" (des Unternehmens bzw der Unternehmensgruppe) zu tragen.

Erste Rechtsprechung in Österreich

Der OGH hat mit seiner vor kurzem ergangenen Entscheidung vom 29.08.2023 zu 8 ObA 28/23k erstmals einige Grundsätze aufgestellt, wann die "zentrale Leitung" Rechtsberatungskosten des Europäischen Betriebsrates tragen muss.

Der klagende Europäische Betriebsrat eines Konzerns, dessen "zentrale Leitung" in Wien angesiedelt ist, begehrte die Übernahme von Kosten insbesondere für von ihm in Anspruch genommene Rechtsberatungsleistungen. Die beklagte zentrale Leitung bestritt die Kosten vor allem mit dem Argument, der EBR hätte zuerst kostenfreie Beratungsleistungen von Interessenvertretungen in Anspruch nehmen müssen. Die Kostentragungspflicht der zentralen Leitung setze erst dort ein, wo kostenfreie Alternativen an die Grenze ihrer Beratungsmöglichkeit stießen.

Der OGH hielt fest, dass der EBR sich durch Sachverständige seiner Wahl unterstützen lassen kann, sofern dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Somit ergibt sich weder aus den Bestimmungen der „Europäischen Betriebsräte-Richtlinie" noch aus den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung, dass der EBR bei Beiziehung eines Sachverständigen nur die Gratisinformation durch  Interessenvertretungen  in Anspruch nehmen dürfte. Die zentrale Leitung hat daher im konkreten Fall die Rechtsberatungskosten zu tragen.

Die Entscheidung ist nicht nur für den konkret klagenden Europäischen Betriebsrat, sondern für alle vergleichbaren Fälle (da es zu Fragen der "Europäischen Betriebsverfassung" europaweit kaum Rechtsprechung gibt, auch über Österreich hinaus) von Bedeutung.

Foto: freestocks.org