Sozialversicherung neu
Seit 01.01.2020 ist die Organisationsreform der österreichischen Sozialversicherung in Kraft, die vor knapp einem Jahr im Nationalrat beschlossen wurde.
Änderungen in der Organisation
Einer der zentralen Punkte war eine Reduktion der einzelnen Sozialversicherungsträger. Die bestehenden 21 Sozialversicherungsträger wurden auf fünf gekürzt.
Die früheren neun Landes-Gebietskrankenkassen sind zur Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) zusammengelegt worden. Der öffentliche Dienst, Eisenbahn und Bergbau sind nun gemeinsam bei einem Träger (BVABE) versichert. Die neue Sozialversicherung der Selbstständigen (SVS) umfasst gewerbliche Wirtschaft und Bauern. Bestehen bleiben als Sozialversicherungsträger neben der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) auch die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA), wobei für die Agenden der Unfallversicherung für die gewerbliche Wirtschaft nicht mehr – wie bisher – die AUVA, sondern die SVS zuständig ist.
Geändert wurde auch die Organstruktur innerhalb der Sozialversicherungsträger. Streitpunkt war und ist vor allem die nunmehr vorgesehene paritätische Besetzung durch Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter bei Verwaltungskörpern der ÖGK, der PVA und der AUVA. Bei den Krankenkassen und der PVA waren die Arbeitnehmervertreter bisher in der Mehrheit, zumal es um deren Belange als Versicherte ging ("Selbstverwaltung" der Versicherten).
Der den Sozialversicherungsträgern überordnete bisherige "Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger" wurde durch den "Dachverband der österreichischen Sozialversicherungsträger" ersetzt. Zuständig ist dieser nun ausschließlich für die Koordinierung der gemeinsamen Interessen der Versicherungsträger und trägerübergreifende Aufgaben. Die Führung des Dachverbands übernehmen zwei Funktionären, die aus dem Kreis der Kassenobleute gewählt werden und für fünf Jahre halbjährlich abwechselnd die Leitung übernehmen.
Prüfung durch den VfGH
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hatte sich mit der Frage der Verfassungskonformität der Sozialversicherungsreform auseinanderzusetzen. Insgesamt lagen ihm 14 Beschwerden gegen die Reform vor. Einige Regelungen gab es, die vom VfGH aufgehoben wurden.
So war ursprünglich geplant, dass der Staat, allen voran das Sozialministerium, erweiterte Aufsichts- und Eingriffsrechte innerhalb der Sozialversicherung bekommt. Dies gefährde laut VfGH jedoch die Selbstverwaltung der Sozialversicherung und ist somit nicht mit der Verfassung vereinbar. Aufgehoben wurden weiters die Übertragung der Beitragsprüfung weg von den Kassen hin zu den Finanzbehörden und der neue Eignungstest für Kassenfunktionäre.
In weiten Teilen ist die Reform vom VfGH mit Hinweis auf den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers jedoch für zulässig erachtet worden.
Inwieweit sich die Reform der Sozialversicherung sozialpolitisch bewährt, bleibt abzuwarten.
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